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Montag, 12. Dezember 2011

Kapitel 2



Wie jeden zweiten Dienstag war Markt. Auf dem Weg zum Dorfplatz, lief ich an ein paar Feldern vorbei und entdeckte auf dem einen Louis. Ich beobachtete ihn heimlich aus der Ferne.  Doch plötzlich schob sich ein vertrautes Gesicht in mein Blickfeld. „Hat dieser verträumte Blick etwas zu bedeuten?“, fragte meine beste Freundin und grinste mich an. Hier auf dem Land waren sie mit vielen Dingen so viel offener, als es in der londoner Gesellschaft getan wurde. Auch wenn sich dort dieselben Sachen abspielten, wenn nicht noch schlimmere, aber dort geschahen sie im Geheimen.  Ich lächelte ein bisschen und schüttelte nur den Kopf. „Ich hab nur nachgedacht“, erwiderte ich und wir machten uns zusammen auf den Weg zum Markt. Abigail grinste nur, sagte aber nichts weiter. Was im Moment wohl gar nicht so schlecht war. Der immer fröhlichen Abby konnte man viel zu schnell ein Geheimnis anvertrauen, dass lieber ein Geheimnis bleiben sollte. Aber genau deshalb war sie meine Freundin geworden. Sie war die einzige die mir hier am Anfang nicht mit Misstrauen entgegenkam, sondern von Anfang an freundlich gewesen war. Aber dieses Misstrauen war heute längst Vergangenheit.

Wir kamen schliesslich beim Markt an und es herrschte derselbe Trubel wie immer. Ein kleiner Junge lief schreiend an mir vorbei und ein weiterer folgte ihm auf den Fuss. Jetzt musste ich wirklich lächeln. Die Atmosphäre hier war immer entspannt. Abby und ich erledigten unsere Einkäufe. Wie jedes Mal kauften wir so ziemlich dasselbe ein. Was man halt so zum Leben brauchte. Mehl, Öl, ein paar Kartoffeln und da ich schon mal die Gelegenheit hatte, ein paar frische Früchte. Die Gedörrten waren zwar lecker, aber nach einiger Zeit, verging einem der Appetit auf sie.

Danach machten wir uns wie immer auf zu dem schmalen Feldweg, auf dem es kaum je eine Menschenseele hatte. Der kurze Spaziergang zum Fluss war unglaublich befreiend. Hier fühlte ich mich immer frei zu sagen was ich dachte und was ich wollte. Vor allem mit Abby. Wir lachten und redeten. Der neuste Klatsch des Dorfes machte die Runde. Die Tochter vom Metzger ist angeblich in anderen Umständen. Nun ja, das überraschte keinen. Sie war schliesslich schon eine ganze Weile Verheiratet. ‚Louis Schwester‘, schoss es mir durch den Kopf.

 Wir setzten uns auf einen grösseren Stein beim Flussufer und da fragte Abby plötzlich: „Und was gibt es bei dir Neues?“  Ich wusste nicht was ich antworten sollte. Kann ich ihr das wirklich sagen? , fragte ich mich kurz. Ich lächelte sie matt  an und zuckte mit den Schultern. „Ich werde… heiraten“, antwortete ich ihr und stockte dabei einmal kurz. Ich sah wie ihre Miene sich von gutmütig zu völlig entgeistert wechselte. „Was?“, fragte sie scharf. „Abby…kann ich einfach fertig reden?“ Wenn Blicke töten könnten, wär ich jetzt mausetot.. Aber sie schwieg. Und mir wollten die Worte nicht über die Lippen. Dann würden sie wirklich real sein. „Gestern Abend kam ein Bote zu uns…und er sagte das…man mit der Verlobung einverstanden sei….ich weiss nicht mal genau wen ich heiraten werde…“, brach ich schliesslich irgendwie hervor. Nun sah sie mich an. Ihr Blick wanderte von Enttäuschung zu Unglauben. „Und, du weisst es wirklich erst seit gestern?“, fragte sie mich dann verwirrt. Als Antwort nickte ich nur, dann nahm sie mich in die Arme und strich mir langsam über den Rücken. Sie so nah bei mir zu spüren tat gut und jetzt wusste ich wieder, wieso sie meine Freundin war. Während wir da sassen, aneinander gekuschelt, waren wir einfach still. Wir mussten uns nicht Unterhalten, denn ich wusste genau, was sie jetzt denkt und so war es auch bei ihr. Wir kannten uns in der kurzen Zeit die ich jetzt hier war, schon fast in und auswendig. Als die Sonne langsam unterging merkten wir, wie die Zeit vergangen war. Wir schauten uns an, und sagten beide zur selben Zeit: „Ich muss nach Hause. Mein Vater wartet sicher schon.“ Nun fingen wir an zu Lachen. Während wir gemeinsam nach Hause schlenderten, kamen wir wieder beim Markt vorbei. Die Männer und Frauen hatten angefangen, die Stände zusammen zu räumen. Wir winkten ihnen und sie schwangen freundlich die Arme, um zurück zu grüssen. Nach dem Markt gingen wir getrennte Wege.

Als ich schon fast bei unserem Hof ankam, sprang Louis, aus heiterem Himmel, aus dem Gebüsch.  Natürlich erschrak ich fürchterlich und liess den Korb mit den Besorgungen beinahe fallen. Ein paar Äpfel und Kartoffeln fielen trotzdem zu Boden. Er sank auf die Knie und sammelte alles, mit nur einer Hand, wieder ein. Die andere Hand, liess er hinter seinem Rücken versteckt. Als er wieder alles in den Korb zurück gelegt hatte, stand er auf und sah mir in die Augen. Seine schönen grauen Augen waren von einem Schatten überzogen. „Ich wollte mich nur nochmal richtig bei dir entschuldigen. Mein Verhalten gestern war falsch“, gestand er leise. War es wirklich erst gestern als wir zusammen auf dem Brunnenrand sassen? Mir kam es vor als wäre es Wochen her. „Ist schon in Ordnung“, erwiderte ich mit zittriger Stimme. Die Tränen wollten wieder kommen, doch ich konnte sie zurück halten. „Ich habe dir noch etwas Kleines mitgebracht“, sagte er dann. Nun zog er seine Hand hervor. Darin befand sich ein kleiner Kürbis, der für eine Suppe reichen würde. „Ich hoffe du magst Kürbiskuchen. Der kleine Kürbis hier, ist perfekt für einen Kuchen geeignet und ich dachte, dass du vielleicht einen Kuchen backen kannst.“, erzählte er mir. „Du fragst mich, ob ich Kürbiskuchen mag? Es ist eines meiner Leibgerichte, herzlichen Dank.“, antwortete ich ihm. Nun wurde sein Lächeln zu einem wunderschönen Lachen. „Dann habe ich wohl Glück gehabt“ „Hast du, wenn du möchtest kannst du auch ein Stück haben. Ich werde ihn morgen Nachmittag backen“, erwiderte ich. „Gerne, ich komme morgen nach Sonnenuntergang vorbei“, sagte er mit einem vorfreudigen Unterton in der Stimme.

Er lief davon und ich schaute ihm so lange nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Nun stiess ich die Tür auf und verstaute zuerst mal alle Einkäufe. Nun musste ich mir ein gutes Versteck für den Kürbis überlegen. Ich wollte nicht, dass er gestohlen wird oder dass Missy, was weiss ich mit ihm anstellen würde. Als ich ihn dann im hintersten Winkel des Schrankes hineinlegte, verschloss ich die Tür sorgfältig und ging dann in meine Kammer. Jetzt machte sich die Müdigkeit in mir breit. Ich legte mich für ein kleines Nickerchen hin. Als ich wieder aufwachte, bemerkte ich, dass Missy sich an mich gekuschelt hat.  Da es nun Zeit fürs Abendbrot war, ging ich in die Küche. Auf dem Weg zu ihr, begegnete ich Vater und war erstaunt, dass er nüchtern war. Er setzte seinen Rat tatsächlich um. „Emilie, komm doch bitte mit mir mit, ich muss mit dir reden.“, sagte er. Nun, folgte ich ihm in die Hauptkammer und überlegte, um was es sich wohl handeln könnte. „Setz dich bitte“, forderte er mich auf. Als ich mich setze, kam Missy angeflitzt und sprang auf meinen Schoss. Vater schien es nicht einmal zu bemerken. Ganz in seine Gedanken versunken fing er an zu reden; „Wie du weisst, kam gestern ein Bote vorbei. Er hat mir eine freudige Mitteilung überbracht. Du wirst den Herzog von Cambridge heiraten. Wir werden wieder aufsteigen. Du kannst wieder auf Bälle gehen und wirst ihm einen Nachfolger gebären.“ Ich war geschockt. Ich wusste es zwar schon, aber es jetzt als offizielle Ankündigung zu hören, war anders. Je mehr ich über seine Worte nachdachte, desto beängstigender wurden sie. Auf Bälle gehen, wäre sicher toll, aber einen Nachfahren für den Herzog gebären, eher nicht. Da ich wusste, dass jeder Versuch ihn zu überreden, den Herzog nicht Heiraten zu müssen sinnlos wäre, probierte ich es erst gar nicht. „Kann ich jetzt das Abendbrot zubereiten?“, fragte ich ihn. Meine Stimme gehorcht noch nicht ganz, aber er merkte es nicht. Er nickte nur und ging aus dem Raum, direkt zur Haustüre hinaus. Ich begab mich in die Küche und schnitt das frisch gekaufte Brot in Scheiben, dann bereitete ich die Tomaten zu. Ich wusch sie, schnitt sie dann ebenfalls in Scheiben und legte sie auf einen kleinen Holzteller. Nun holte ich noch, ein paar getrocknete Kürbisscheiben hervor und legte sie zu den Tomaten. Für das Brot, hatte ich auch noch einen kleinen Käse geschenkt bekommen von Abby’s Vater. Es war ein Schafskäse und mit ein bisschen  Kümmel, würde er sicher gut schmecken. Nachdem ich alles zubereitet hatte, stellte ich es auf unseren kleinen Holztisch. Sobald ich die Becher gewaschen hatte, füllte ich sie noch mit Kürbissaft auf und stellte sie ebenfalls auf den Tisch. Jetzt musste ich nur noch auf Vater warten. Während des wartens, kam mir die Idee, dass ich jetzt schnell die Tiere füttern könnte. Also schnappte ich mir meinen Umhang und lief nach Draussen. Natürlich hatte ich wieder einmal die Kerze vergessen. Nachdem ich zurück war und sie geholt hatte fütterte ich die Tiere. Da ich auch noch einen Eimer mitgenommen hatte, konnte ich die zwei Kühe noch melken. Auch das war schnell getan und ich lief mit der frischen Milch zurück in die Küche. Wieder in der Küche, stellte ich die Milch in unsere kleine Vorratskammer und legte dann noch ein Holzscheit auf das halberloschene Feuer im Kamin. Nun, hörte ich wie die Türe aufgestossen wurde. Vater kam zurück. Er setzte sich an den Tisch und schnappte sich eine Scheibe Brot und bestrich sie mit dem Ziegenkäse. Ich trank ein wenig Kürbissaft und streute ein bisschen Pfeffer darüber. Während ich meinen Vater heimlich beobachtete, merkte ich, dass ihn irgendwas bedrückte. Ich schaute ihn fragend an. „Geht es Ihnen nicht gut?“, erkundigte ich mich. „Doch, sicher geht es mir gut. Wieso meinst du?“, fragte er zurück. „Ich dachte nur… naja, wenn es Ihnen gut geht ist ja alles in Ordnung. Sie wirken nur so bedrückt.“, antwortete ich ihm zögernd. Er schaute mich abwartend an, als ob er mich für verrückt hielt. Ich sagte nichts mehr und trank noch mal einen Schluck vom Kürbissaft. Langsam wurde ich hungrig. Während ich noch einmal ein paar Scheiben Brot abschnitt, teilte mir Vater etwas mit: „Es ist nur, dass wir schon nächste Woche nach London müssen.“ Nächste Woche! Das kann doch nicht sein Ernst sein. Wieso schon so schnell? Normalerweise dauert sowas doch viel länger. „Sind Sie sicher, dass wir schon nächste Woche los müssen?“, fragte ich vorsichtig. Er nickte nur und ass schweigend weiter. Mir blieb nichts anderes übrig, als dasselbe zu tun. Als er fertig war, stand Vater auf und lief zu seiner Kammer. Ich ass weiter und streute noch ein bisschen Kümmel auf mein Brot. Als ich mein Mahl beendet hatte, schnappte ich mir die Holzteller und trug sie zum Wassereimer. Nun machte ich mich an die Arbeit, die Teller sauber zu wischen.

Nachdem alles blitzblank war, verstaute ich es in dem kleinen Holzschrank und ging in meine Kammer. Ich zündete eine Kerze an und wusch mir das Gesicht. Nun wechselte ich meine Kleidung und legte mich in mein kratziges Lager. In Gedanken, dankte ich Gott für das Abendmahl und den restlichen Tag, auch dafür, dass Abby die ganze Nachricht mit meiner Heirat einigermassen gut aufgenommen hatte und besonders für den kleinen Kürbis von Louis.





 





Montag, 5. Dezember 2011

Kapitel 1



Ich schüttelte die deprimierenden Gedanken ab und machte mich auf den Heimweg. Wieder einmal bestaunte ich die Landschaft, die hier so anders wirkt als die hohen Mauern londons. Und doch sah sie im Herbst, so anders aus als im Frühling. Die farbigen Blätter die vom Winde getragen werden, ersetzen den blumigen Duft der Blumenzeit. Die schreienden Kinder haben sich in die halb zerfallenen Häuser zurückgezogen. Die Männer kamen von der Arbeit von den Kürbisfeldern zurück und wurden von ihren Frauen überschwänglich begrüsst. Nun erklang freudiges Kinderlachen aus den Höfen. Nur bei uns nicht. Zu Hause sass Vater am Tisch und starrte auf seine halb volle Weinflasche. Ein Seufzer entwich mir, doch mein Vater schaute nicht mal auf. Da noch kein Abendbrot bereit stand, wollte ich die Suppe von gestern aufwärmen. Aber das Feuer war beinahe erloschen und wir hatten kein Feuerholz mehr im Haus. Also machte ich mich auf den Weg nach Draussen in die Kälte. Hinter dem Hof, in der Nähe vom Stall, lagerten wir das Holz. Nun, konnte ich genauso gut, schnell die Tiere füttern. Hafer für das Pferd, Heu für die zwei Kühe und noch ein bisschen Reste von gestern, für die beiden Schweine. Jetzt ging die Sonne endgültig unter. In vollkommener Dunkelheit, holte ich das Brennholz und eilte zurück ins Haus.



Kurz darauf wurde der ganze Raum vom warmen Licht des Feuers erhellt. Als die Suppe zu köcheln begann, nahm ich sie vom Feuer, goss sie in zwei hölzerne Schalen und nahm die einzigen zwei Löffel hervor, die wir noch besassen. Die Öllampen, die ich vorher angemacht hatte, flackerten nun im stillen vor sich hin. Die Suppe hatte den faden Geschmack von Kürbissen, obwohl sie nicht mehr ganz frisch waren. Wie immer herrschte Stille während der Mahlzeit. Vater starrte immer noch vor sich hin, obwohl seine Augen diesmal dem Dampf seiner Brühe folgten und nicht mehr das halb volle Glas fixierten. Während er seine Suppe langsam in sich hinein löffelte, machten sich meine Gedanken wieder selbständig.



Diesmal waren sie jedoch nicht so deprimierend wie vor dem Sonnenuntergang. Sie wanderten nur wieder einmal zu dem Jungen, den ich am Dorfbrunnen gesehen habe. Seine Augen erinnerten mich an den Regen, der schon bald wieder in Strömen kommen müsste. Für die Jahreszeit war es viel zu trocken und zu warm. Auf den Feldern dörrten die Kürbisse vor sich hin. Während mein Hirngespinst wieder zurück zu dem Jungen mit den funkelnden grauen Augen zurückschweifte, erbeutete mein Vater die nächste Weinflasche und machte sich damit auf in seine Kammer. Immer noch in meine Grübeleien vertieft, machte ich mich daran das Essgeschirr abzuwaschen. Noch während ich vor unserer Haustür am Trog stand, hörte ich näherkommende Hufschläge. Das Geräusch kam in rasendem Tempo näher und das Pferd blieb ruckartig vor dem Haus stehen. Der Reiter stieg ab, würdigte mich keines Blickes und verlangte meinen Vater zu sehen. „Natürlich.“, sagte ich und lächelte höflich. Während ich zurück ins Haus eilte, hörte ich Vater auch schon die Tür seines Gemachs öffnen. „Vater, hier ist ein Bote, der Euch sprechen möchte“, erklärte ich ihm. Er lief bereits in Richtung des Eingangs. „Geh auf deine Kammer, Emilie!“, murmelte er in seinem angetrunkenen Zustand. „Das hier geht dich nichts an.“ Gewiss, würde ich jetzt nicht einfach so verschwinden! Ich folgte ihm, im Abstand einiger Augenblicke und legte mein Ohr an die geschlossene Tür, hinter der sich die beiden Männer befanden. „…Herzog von Cambridge hat sein Einverständnis gegeben, was die Hochzeit mit Miss O’Neill betrifft.“, verkündete der Fremde. Ein leiser Schrei entwich mir und ich sank gegen die Wand. Meine Knie drohten nachzugeben. Als mein Vater zu einer Antwort ansetze, sprang ich auf und rannte aus dem Haus. Völlig aufgewühlt kam ich beim Brunnen an. Ich liess mich auf die Brunnenmauer sinken und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Nachdem ich mich wieder ein wenig beruhigt hatte, erklang hinter mir plötzlich eine warme Stimme. „Geht es dir gut?“ Ich zuckte erschrocken zusammen und drehte mich um. Dann sah ich sein Gesicht, erhellt vom flackernden Kerzenschein. Er beugte sich zu mir runter und strich mir mit dem Daumen die Tränen von den Wangen. „Jaa … denke … ich, ich glaube schon“, murmelte ich stockend um einen weiteren Schluchzer zu unterdrücken. Er setze sich neben mich. „Du siehst aber nicht so aus“, sagte der Junge mit einem Lächeln in der Stimme. Ich drehte mich zu ihm und sah sein charmantes Lächeln. Nun musste ich ebenfalls ein bisschen lächeln. „Du bist Emilie, richtig?“ Ich schaute ihn verwundert an und erwiderte mit einem Nicken: „Richtig, und wer bist du?“ Da änderte sich sein Lächeln in ein verschlagenes Grinsen. „Nun ja, ich bin, versprich mir aber nicht zu lachen, Louis“, erläuterte er. Ich hatte keine Ahnung, wieso er sagte, dass ich nicht lachen soll, denn der Name war wunderschön und passte perfekt zu ihm. „Sagst du mir, warum du so erschüttert warst?“, fragte er vorsichtig. Sollte ich es ihm erzählen? Aus irgendeinem Grund, wollte ich und doch wusste ich nicht ob ich es tun sollte. Ich presste die Lippen aufeinander und sah ihm dann in seine wundervollen grauen Augen. Und da beschloss ich es ihm zu erzählen. „Mein Vater hat beschlossen, dass ich heiraten werde“, sagte ich mit fester Stimme.

Sobald, die Worte meinen Mund verliessen, herrschte Schweigen. Kein peinliches, oder gar ein ängstliches Schweigen. Nein, es war ein kaltes Schweigen. Und sein Blick änderte von liebevoll, zu ungläubig und dann zu entsetzen. Dann klappte sein Mund auf und er liess ihn einfach so. Vollkommen starr sass er da und bewegte sich keinen Millimeter. Nur seinen Atem hörte ich noch. Seine Kerze flackerte im Wind und dann erlosch sie. Nun waren wir in völliger Dunkelheit gefangen. Einzig die leuchtenden Augen einer scheuen Katze blickten uns an. Da bewegte er sich wieder. Er zog ein Schwefelhölzchen aus seiner Tasche und zündete die Kerze wieder an. Vom Licht erschrocken, wich die Katze wieder zurück ins Unterholz und verschwand lautlos. Nun, sah er mich an und sein Gesicht flackerte im Kerzenlicht gespenstisch. Seine Augen wirkten leer und die freudigen Funken, die ich immer wieder gesehen habe, waren wie weggeblasen. Nun wurden sie von einer Traurigkeit ersetzt, die ich noch nie bei jemandem gesehen habe. Nicht mal, bei Vater als er meine Mutter, und meinen Bruder, Gott segne sie beide, verlor. Damals waren seine Augen einfach nur noch leer und heute sind sie von einem glasigen Schimmer überzogen. Aber was Louis angeht. Es erschreckte mich und ich wich augenblicklich zurück. Doch in diesem Moment, als ich von ihm zurück wich, sagte er etwas. „Nun, das überrascht mich. Aber, wenn das so ist, dann muss ich mich verabschieden. Du solltest wieder zurückgehen, dein Vater wartet sicher schon sehnlichst auf dich. Auch muss ich mich entschuldigen. Ich wollte dich nicht belästigen, es war nur… Aber so ist es auch gut. Eine wunderschöne und glückliche Zukunft wünsch ich dir. Dein Verlobter kann sich glücklich schätzen.“, waren seine Worte. Nachdem er sie ausgesprochen hatte, sprang er auf und lief im Dunkeln zurück zu seinem Hof. Die Kerze ging in seiner Hasst wieder aus und er liess sie auch so. Ich blieb zurück und weinte wieder. Diesmal waren es leise Schluchzer, die mein Körper von sich gab und doch blieb ich auf dem kalten Brunnenrand sitzen. Da hörte ich ein leises, fast aufmunterndes Miauen und wusste, dass die Katze zurück gekommen war. Sie sprang auf meinen Schoss und schmiegte sich an mich. Sie war so weich und wohl genährt für die Jahreszeit, dass ich sie einfach streicheln musste. Ich machte mir keine Gedanken über eine Krankheit, die sie haben konnte oder gar über Flöhe. Ich kraulte sie einfach immer weiter und beruhigte mich während dem immer mehr. Und während es mir immer besser ging, merkte ich, dass sie dicker war als andere Katzen. Sie war besser genährt, aber trotzdem, sie war dicker, viel dicker, fast schon als ob sie trächtig wäre. Und da merkte ich es endgültig. Ich spürte es, eine Bewegung in ihrem Bauch. Ein kleiner Tritt. Vollkommen fasziniert von der Bewegung, legte ich meine Hand auf meinen Magen und stellte mir vor, dass da drin ein Kind heranwachsen würde. Dummerweise dachte ich an ein Kind von Louis und mir, nicht an ein Baby vom Herzog und mir. Und da wusste ich, wenn ich noch lange hier Draussen bleiben würde, dann kämen mir nur wieder Tränen.



Also machte ich mich auf den Weg nach Hause. Die Katze, ich hatte sie inzwischen Missy genannt, nahm ich mit. Vor der Tür blieb ich stehen und atmete noch einmal tief durch. Dann öffnete ich sie mit einem Ruck. Dahinter stand Vater mit dem Boten und schaute mich fragend an. „Ich war nur frische Luft schnappen“, erklärte ich ihnen. Jetzt nur keinen Fehler machen, dachte ich. Missy, die ich immer noch auf dem Arm hielt, wurde langsam unruhig und ich liess sie zu Boden. Schnell verschwand sie, auf direktem Weg in meine Kammer. Während ich ihr nachschaute, verabschiedete Vater den Boten. Er schien es eilig zu haben, ihn loszuwerden. Als der Bote auf seinem Pferd sass, richtete er das Wort nochmal an mich. „Sie haben grosses Glück. Nicht jeder der mal Oben war, nach Unten fiel, kommt wieder nach Oben. Aber bei Ihrer Schönheit ist das, wahrlich kein Wunder. Auf Wiedersehen meine Hübsche.“, äusserte er sich. Mit einer angedeuteten Verbeugung ritt er endgültig davon. Vater zog mich ins Haus hinein und verlangte sofort eine Erklärung, wegen der Katze. „Falls du meinst, mir ist das Vieh nicht aufgefallen, dann täuscht du dich. Es ist mir sehr wohl aufgefallen und verlässt auf der Stelle meinen Hof!“ schrie er mich an. Während er mich anschnauzte, kam sie wieder aus meiner Kammer. Ich konnte mich ihm nicht wiedersetzen und doch konnte ich sie auch nicht wieder raus in die Kälte lassen. „Aber Vater, sie ist trächtig. Man kann sie jetzt doch nicht raus in die Kälte lassen. Kann sie nicht wenigsten eine Nacht hier bleiben?“, fragte ich ihn vorsichtig. Nun, hörte ich lange Zeit nichts mehr. Die Minuten verstrichen und wir schauten uns an. Unsere Augen führten einen kleinen Kampf und schlussendlich gab er nach. „Wusstest du noch, dass du dir als kleines Mädchen immer eine Katze gewünscht hast?“ fragte er mich. „Nein, ich muss wohl noch sehr klein gewesen sein, sonst wüsste ich es sicher noch.“, erwiderte ich und überlegte fieberhaft, ob mir nicht doch noch etwas aus der Zeit vor der Pest einfiel. „Wir haben dir damals gesagt, dass du ein Pferd haben könntest, aber du wolltest nur eine Katze. Die hast du aber nie bekommen. Deine Mutter vertrug die Haare nicht. Als wir bei deinem Onkel waren, musste sie die ganze Zeit niessen. Deshalb hast du damals keine bekommen. Aber wenn du willst, können wir sie behalten.“, erzählte er weiter. Zuerst glaubte ich es nicht. „Wirklich Vater?“ fragte ich mit einer Stimme die am liebsten gleich loskreischen und ihm um den Hals fallen würde. Aber natürlich konnte ich das nicht. Ich riss mich also zusammen und schaute ihn erwartungsvoll an. „Ja, wirklich, du hast recht. Sie ist trächtig, deshalb kann sie bleiben. Ich werde jetzt auch nicht mehr weiter diskutieren. Mein Kopf brummt von den Flaschen, die ich heute getrunken habe. Vielleicht sollte ich damit aufhören. Auf jeden Fall ziehe ich mich nun zurück. Eine angenehme Nacht wünsch ich dir.“, meinte er. Dann lief er schwankend los und verschwand in seiner Kammer unter dem Dach.



















 

Vorwort

Ich habe viel überlebt. Die Pest, das grosse Feuer, aber dies werde ich nicht überleben. Meine Mutter starb an der Pest, mein Bruder im Feuer. Man sollte meinen, das Geld das wir hatten, würde uns retten, doch das hat es nicht. Das Geld hat uns nur zerstört. Mein Vater gab es aus, für Huren und Glückspiele. Jetzt haben wir nichts mehr. Wir leben nicht mehr in einem schönen Herrenhaus, sondern auf einem winzigen Bauernhof ausserhalb von London. Ich konnte nicht mehr auf Bälle gehen, keine schönen Kleider mehr tragen, den Schmuck musste ich für den Bauernhof verkaufen. Wir hatten nichts mehr,  keine Dienstboten und kein Koch. Und nun, musste ich alles selber machen. Mein Vater hoffte natürlich, dass wir eines Tages wieder zur gehobenen Gesellschaft gehören würden. Die einzige Chance dafür, wäre eine Hochzeit. Meine Hochzeit mit einem reichen Lord.